Alles auf Anfang – Gedankenspiel und Planspiel zu Nachhaltige Entwicklung im „Garten Eden“

In der Ausgabe 3/2022 der Zeitschrift Gruppe & Spiel haben der Spielpädagoge Ralph Brinkhoff und ich ein Planspiel veröffentlicht, das wir bereits 2018 für Seminarzwecke entwickelt haben. Die Grundidee kam von mir, und ich konnte den erfahrenen Planspielentwickler Ralph recht schnell für die Idee als gemeinsames Projekt gewissen.

In der Zeitschrift Gruppe & Spiel haben wir eine kurze Einführung gegeben. Das gesamte Planspielmaterial gibt es dort auch zum Download. Vertiefende Hintergundinformation zur Menschheitsgeschichte und zum Konzept Nachhaltigkeit möchte ich hier geben. Bei Interesse, die Planspieldurchführung “einzukaufen”, kann ich dringend empfehlen, Ralph Brinkhoff direkt anzufragen.

Übersichtsseite zum Planspiel "Alles auf Anfang"
Planspiel “Alles auf Anfang”

Menschheitsgeschichte – eine Erfolgsgeschichte?

Menschheit als Schöpfer

Wer aus dem Fenster schaut, sieht auf den ersten Blick eindeutige Anzeichen, dass wir nicht in einer rein natürlichen Welt, sondern in einer von Menschenhand gestalteten leben. Allein die Tatsache, ein Fenster zu öffnen, das auch auf ein Gebäude darum herum verweist, trägt diese Handschrift. Im Gegenteil erweist es sich sogar als ausgesprochen schwierig, als moderner Mensch sich in einer Welt zu befinden, die noch nicht von Menschen gestaltet worden ist. Wenn also in einer Schöpfungsgeschichte ein allmächtige Gott als Schöpfer der Welt genannt wird, so trifft dies zu allererst auf die natürliche Welt zu, die Leben schenkte und weiterentwickeln ließ. Für unsere heutige zweite Natur und Gesellschaft hat die Menschheit selbst sich diese Rolle angemaßt. Eingefleischte Christen mögen dies unanständig finden.

Die Welt um uns herum ist also nicht so, wie sie „ist“, sondern so, wie wir sie jeden Tag gestalten. Und darin gibt es sowohl die Weiterentwicklung von Möglichkeiten, als auch mehr oder weniger bewusst Entscheidungen für einen Weg.

Für die Art und Weise, wie die menschliche Spezies lebt und wirtschaftet, sind vor allem drei Epochen bemerkenswert: das naturnahe Leben der Jäger und Sammler, die Agrargesellschaft mit ihrer Kultivierung und Sesshaftigkeit sowie die Industriezeit mit ihrer Technisierung und Wachstumsorientierung sämtlicher Prozesse. Die genannten Epochen sind nur in dieser Reihenfolge denkbar, da sie sich jeweils als Weiterentwicklung Verstehen – eine Umkehrung scheint logisch ausgeschlossen.

„Viele kamen allmählich zu der Überzeugung, einen großen Fehler gemacht zu haben, als sie von den Bäumen heruntergekommen waren. Und einige sagten, schon die Bäume seien ein Holzweg gewesen, die Ozeane hätte man niemals verlassen dürfen.“

Douglas Adams in „Per Anhalter durch die Galaxis“, erstes Kapitel

Die Übergänge von einer Epoche zur nächsten in diesem Sinne kann man als Transformation einer Gesellschaft beschreiben: eine neue etablierte Art und Weise zu leben und zu wirtschaften, betrifft alle Lebensbereiche und auch alle Mitglieder der Sippen, da fahr und gesellschaftlichen Gesellschaften.

​Realistische Bezüge zur biblischen Geschichte

Für die Jungsteinzeit, also die Zeit zwischen 12.000-4.000 vor Christus ergibt sich nach zeitgenössischer Forschung das Bild, dass die Geschichte aus der Bibel einen wahren Kern hat. Das Thema Ackerbau zieht sich als Grundthema durch die „frühe“ biblische Geschichte und deren Metaphern; der erste Mensch wird aus Erde gemacht. Später mussten Adam und Eva den Garten Eden wegen des Sündenfalls, einen natürlich gewachsenen Apfel gepflückt zu haben, verlassen. Ihre Söhne ergriffen landwirtschaftliche Berufe, die es vorher noch nicht gegeben hatte: Kain wurde Bauer, Abel Viehzüchter.

Der eskalierende Konflikt mit tödlichem Ausgang passt gut in das Bild der damaligen gesellschaftlichen Konflikte in der Menschheitswiege Orient: Menschen machten sich sesshaft und bauten sich Häuser und Felder auf; das Konzept von Eigentum entstand und umfasste auch die domestizierte Natur. Um diese Ressourcen wurde gestritten bis zu Kriegen. Gleichzeitig erfüllte sich die Menschheit den Traum, sich weniger abhängiger zu fühlen als von der ungebändigten Natur.

Es gibt auch geografische Bezüge zur Bibel: Ararat, der Berg, den Noah mit seiner Arche rettend erreichtestrandet, liegt in Ostanatolien, nahe zu Armenien und Iran. Der Geologe Elmar Buchner stellt die These auf, Eden sei infolge des vielen Schmelzwassers im Persischen Golf versunken. David Rohl findet Hinweise für dasParadies im Nord-Iran in der Nähe des Urmia-Sees. Adam und Eva lebten laut Bibel am Oberlauf von Euphrat und Tigris, und genau hier wird tatsächlich der Ursprung der Landwirtschaft verortet.

Zeit der Jäger und Sammler

Für viele hunderttausend Jahre verbrachten die Menschen ihr Leben als Nomaden, Wildbeuter und Jäger. Die Menschen jagten Wildtiere, darunter Gazellen und Wildesel, die in riesigen Herden durch das fruchtbare Obermesopotamien wanderten. Die Menschen lebten in ihren Sippen frei und ortsungebunden, in gemeinsamen Jagden konnten sie sogar die riesigen und gefährlichen Auerochsen erlegen. Nach der Eiszeit begannen die Jäger und auch Jägerinnen, besonders große Beutezeuge in Vorratshütten abzulegen. Fleisch wurde gesalzen, geräuchert oder gedörrt, um haltbar zu bleiben. Damit begann eine Sesshaftigkeit, die dazu führte, dass ca. 12.000 v.Chr. erste Siedlungen gebaut wurden, um die Vorräte zu bewachen und nutzen zu können.

Wandel zu Ackerbau und Viehzucht

Zum Ende der Nomadenzeit sammelten die Menschen Wildgetreide, um ihren Speiseplan zu erweitern. Mit der Sesshaftigkeit begannen die Menschen irgendwann um ca. 8.000 v.Chr., kleinere Tiere Ziegen, Schafe und Schweine einzusperren, für Fleisch und Milch zu nutzen und zu züchten, später auch Auerochsen, die zu heutigen Rindern gezüchtet wurden. In der Folgezeit wurden Möbel und Haushaltsgeräte wie Betten, Töpfe und Geschirr erfunden. Die Menschheit wuchs, die Wildtierbestände dezimierten sich. was früher „nur“ eine Bedrohung im Winter gewesen war, wird nun zur Dauersorge: Hunger droht. Zur Tierhaltung kam nun der systemische Ackerbau, der allerdings kräftezehrend und ungesund war. Angebaut wurden vor allem die Getreide Emmer und Einkorn. Offenbar mussten die Menschen nun härter arbeiten als in der vorhergehenden Epoche, waren häufiger krank und wurden nicht alt.

​Wachstum und seine Grenzen

Die Menschheit wächst und wächst und macht sich die Erde und seine Tiere untertan. Was für eine Erfolgsgeschichte! Erfolgsgeschichte? Der Club of Rome veröffentlichte 1973 den Bericht „Grenzen des Wachstums“. Basierend auf ausgeklügelten Computersimulationen von Dennis Meadows zeigte sich ein düsteres Bild der Zukunft des Planeten, wenn die Menschheit nicht einen Weg findet, ressourcenverträglicher zu leben. Dies war der Beginn der öffentlichen Debatten über Nachhaltige Entwicklung und Klimaschutz.

„Wenn die gegenwärtige Zunahme der Weltbevölkerung, der Industrialisierung, der Umweltverschmutzung, der Nahrungsmittelproduktion und der Ausbeutung von natürlichen Rohstoffen unverändert anhält, werden die absoluten Wachstumstrend auf der Erde im Laufe der nächsten 100 Jahre erreicht.“

Club of Rome 1973

Der Begriff der Nachhaltigkeit erfuhr eine deutliche Ausdehnung in seiner Bedeutung insgesamt plädierten die Wissenschaftler*innen für einen dauerhaften, weltweiten Gleichgewichtszustand (Homöostase), der nur durch weltweite Maßnahmen erreicht werden kann, sie verknüpften gezielt ökonomische, ökologische soziale Aspekte der Nachhaltigkeit.

Transfer auf Organisationsstrukturen

Laloux (2015) beschreibt mit „Reinventing Organizations“ unterschiedliche Organisationssysteme, die jeweils markant für ihre jeweilige zeitgeschichtliche Epoche seien: von „tribalen“ Gesellschaften mit Autoritätsverhalten über die Agrargesellschaft mit quasi-militärischen Rangstrukturen, die Moderne mit der Effizienz und Organisationsführung der industriellen Zeit sowie der Postmoderne mit ihren wertebezogenen Organisationskonzepten. Die Entwicklung dieser Epochen verlief in „Sprüngen“, nicht in kontinuierlichen Schritten und könnte oder sollte zu Organisationsstrukturen führen, die sich an der Metapher lebender Organismen als selbstentwickelnde Systeme orientiert. Vielleicht wäre es lohnend, diese transformative Dynamik auf humane Gesellschaften anzuwenden.

Unter diesem Ansatz müsste man einerseits eine Kultur der „Ganzheitlichkeit“ pflegen: Damit die globale Gesellschaft sich als selbstentwickelndes System alle personalen Ressourcen zur Verfügung haben kann, ist es erforderlich, dass sich die Beteiligten nicht nur mit speziellen ausgewählten Persönlichkeitsanteilen, sondern als ganze Menschen einbringen. Das würde bedeuten, althergebrachte Rollenkonzepte (z.B. bzgl. politischer oder wirtschaftlicher Führung) oder beschränkende Zuschreibungen (z.B. Interessengruppen) zu verabschieden; persönlichen Veränderungsmotive könnten unabhängig von gesellschaftlichen Trends wirksam werden. Andererseits wäre eine Kultur der „Selbstführung“ hilfreich, d.h. die Aufhebung hierarchischer, beschränkender Machtstruktur. Dies soll verstanden werden als gelebte Diversität: Es geht also nicht um das Eliminieren von Unterschieden, sondern vielmehr um die aufmerksame Kombinationen unterschiedlicher Perspektiven. Nur nicht-hierarchische selbstorganisierende Systeme können hohe Komplexität beantworten, hierarchische Systeme sind nur in der Lage, gering komplexe Systeme zu steuern (schönes Beispiel von Laloux: In einem Biotop, z.B. einem Wald, gibt es keinen CEO und keine Management-Ebene).

Notwendigkeit zur Wende

​Dingender Veränderungsbedarf

Was einst und gerne auch im Vergleich mit der vergangenen Epoche als Fortschritt gesehen wird, führt uns nun erkennbar in eine Sackgasse. Das Umsteuern gelingt der globalen Gesellschaft aber leider recht schlecht: Getrieben vom exponentiellen Wachstumsstreben der kapitalistisch aufgestellten Wirtschaft, verliefen viele Klimakonferenzen zwar mit zunehmender Betonung der Wichtigkeit, unsere Lebensgrundlagen zu schonen, aber mit verschwindend geringem Effekt in Bezug auf Veränderungen des Handelns und Wirtschaftens.

Wir werden Zeugen des größten Artensterbens seit der Dinosaurierzeit, gleichzeitig sind wir dessen Verursacher. Das Tempo der Veränderungen ist sowohl für erdgeschichtliche als auch für zivilisatorische Prozesse rasant – die ersten Veränderungen sind bereits da, wir werden heftigere erleben. Wer sich über die Extremwetter der letzten Jahre Sorgen gemacht hat, wird in einem Jahrzehnt dies noch als mildere Zeit erinnern. Weitere Ausschnitte aus den vielfältigen Auswirkungen unseres permanenten Wachstums: Die Luftverschmutzung fordert weltweit jährlich mehrere Millionen Tote – und übertrifft damit offenbar die Corona-Pandemie, die die Welt in Atem hält. Über 95% die Biomasse lebender Landsäugetiere sind Menschen und deren Nutztiere. Wir nähern

Wachstum wird als „Grundgesetz“ der Volkswirtschaft sowie als Wohlstandsversprechen gepredigt; dabei ist es offensichtlich, dass dies physikalisch unmöglich ist. Dauerwachstum gibt es in der Natur offenbar nur als Krebserkrankung (Eckart von Hirschhausen im taz-Interview, 19.9.2021).

„Klimastreifen“ nach Ed Hawkins, zu Pfaden kombiniert von Alexander Radtke (2020)

Das zu lösende Problem ist schon längst kein technologisches Problem mehr, das Problem besteht darin, sich auf den relevanten Ebenen wirksam für diese Maßnahmen zu entscheiden – und das sehr schnell und sehr umfassend. Wir haben also ein massives soziales Problem, denn wir sind dabei, diese Chancen komplett zu versäumen.

Die wichtigsten technologischen und politischen Maßnahmen sind seit gut 30 Jahren bekannt und sehr grundlegend: Umstieg auf Sonnen- und Windenergie, ökologische Landwirtschaft stärken, Abholzung der Wälder stoppen, Ökosysteme wiederaufbauen, Umstellung auf Wasserstoffnutzung in der Industrie und Ernährung mit weniger Tierprodukten (IPCC 2022).

Die Welt, wie wir sie erleben, ist nicht so wie sie „ist, „, sondern so, wie wir sie gestalten – jeden Tag aufs Neue. Daher stehen wir hier vor einer Weggabelung. Und wir stehen besonders in der Verantwortung: Stefan Rahmsdorf (Twitter): Von den rund 200 Ländern der Erde haben nur 3 mehr zur Erderwärmung beigetragen als Deutschland: USA, China, Russland. Man beachte deren Bevölkerungszahl. Nicht nur Landwirtschaft und Produktionswirtschaft – auch im sozialen und pädagogischen Feld werden nachhaltige Arbeits- und Organisationsprozesse zukünftig unausweichlich. Jede und jeder ist gefragt, zu Wegbereitern zu werden und die Entwicklung zur nachhaltigen Organisationen anzustoßen.

Prinzipien und Modelle der Nachhaltigkeit

Nachhaltigkeit ist ein Handlungsprinzip, das der Bewahrung von Stabilität und Regenerationsfähigkeit des jeweiligen Systems dient. Nachhaltigkeit kennzeichnet einen Zielanspruch an Organisationen, der nicht nur ökologische, sondern auch ökonomische und soziale Aspekte betrifft. Diese drei Säulen stehen dabei nicht in Konkurrenz, sondern bedingen sich wechselseitig – falls eine Säule zu klein ausfällt, droht alles umzukippen.

Es gibt unterschiedliche Ansätze, dieses Zusammenspiel auszudrücken. Ebenfalls bekannt ist das so genannte Schnittmengenmodell, mit dem das „Nebeneinander“ der Säulen in eine verschränkte Form gebracht werden soll. Die Schnittmengen der Bereiche zeigen die Zusammenhänge der Teilbereiche, und auch, dass die Grenzen nicht starr sind.

Schnittmengenmodell der Nachhaltigkeit (Pufé 2014)

Die nachhaltige Entwicklung einer Organisation verbindet unterschiedliche Arbeitsprozesse, Arbeitsbereiche und Abteilungen. Unter Handlungsdruck sind dabei Konflikte unausweichlich. Rechtzeitig ins Visier genommen, kann sich die nachhaltige Organisation nicht nur mit einer positiven Ressourcenbilanz profilieren, sondern echte Wettbewerbsvorteile verschaffen.

​Nachhaltigkeitsprinzipien

Die Arbeit an der Nachhaltigen Entwicklung lässt sich mit Iris Pufé (2014) auf eine Liste von Prinzipien zusammenfassen:

  • Prinzip der intergenerationellen Gerechtigkeit
    zwischen jung und alt, Großeltern und Eltern, Kindern, Enkeln sowie künftigen, ungeborenen Generationen
  • Prinzip der intragenerationalen Gerechtigkeit
    zwischen unterschiedlichen Generationen, d. h. hinsichtlich Alter, Geschlechtsrasse, Religion, herkunftssozialem Status, politische Gesinnung etc.
  • Prinzip der Ganzheitlichkeit und Integration
    keine der drei Dimensionen hat Vorrang, sondern es gilt alle drei in Entscheidungen einzubeziehen; Vernetzung, Zusammenhang und Interdependenz ökonomischer, ökologischer und sozialer Anliegen samt integrativer Problem-und Lösungssicht; integrative Querschnittsorientierung
  • Prinzip der Glokalität:
    „Think global, act local“ – Verknüpfung von Globalität und Lokalität
  • Prinzip der Partizipation, Verantwortung und Decoder-Beteiligung
    Einbezug aller Betroffenen und Verantwortlichen aller „Opfer und Täter“
  • Prinzip der präventiven Langfristorientierung
    Prävention und Vorbeugung statt Reaktion und Krisen Behebung: Beachtung langfristiger und dauerhafter Entwicklungen statt kurzer temporärer
  • Charakter eines normativen Leitbildes
    in der Quintessenz ist Nachhaltigkeit ein ethisch-moralisches sowie handlungsleitendes Prinzip und eine regulative Idee.

Sich an diesen Prinzipien zu orientieren ist ganz pragmatisch nutzbar: Sie sind als Richtschnur nutzbar und als Kriterien zur Bewertung des Fortschritts und der Strategien auf dem Weg zur Nachhaltigkeit.

​Postwachstumsökonomie

Postwachstumsökonomie kennzeichnet eine Art zu wirtschaften, die ohne Wachstums der Gesamtwirtschaft auskommt und auf diese Weise stabile Handels- und Konsumbeziehungen festigt. Sie ist als nachhaltiger Zukunftsentwurf zu verstehen. Hier hat Bestandspflege Vorrang vor Neuproduktion, lokale und regionale Selbstversorgung sowie Regionalökonomie sollen gestärkt werden, globale industrielle Wertschöpfung verringert werden. Ganz wesentlich steht Postwachstumsökonomie für eine umwelt- und sozialverträgliche bzw. nachhaltig ausgerichtete Umgestaltung des gegenwärtigen Industrie- und Gesellschaftssystems. Viele Initiativen wie Transition-Town oder auch Fridays for Future berufen sich auf diesen Ansatz.

​Gemeinwohl-Ökonomie

Maßgeblich entwickelt wurde das Modell von dem Gesellschaftswissenschaftler Christian Felber, publiziert im Jahr 2010. Die Gemeinwohl-Ökonomie knüpft an Aspekte und Werte wie Empathie, gesunden Menschenverstand sowie „natürliches „Wahrnehmen und empfinden bzw. „schlichte menschliche Logik“, die in der gegenwärtigen abstrakten Lebens-und Arbeitswelt technisch-medial überformt und verdrängt worden sind.

Die Gemeinwohl-Ökonomie (GWÖ) ist ein weitreichender Ansatz für eine Alternative Ökonomie, die im Einklang mit Ökologie und einer modernen Sozialgesellschaft steht. Sie wurde 2010 von Christian Felber entworfen und basiert auf sehr wenigen und konsensorientierten Annahmen und ist daher sehr breit transferfähig. Hier wird kein Dogma oder Klassenkampf propagiert, sondern vor allem der Zweck des Wirtschaftens im besten Sinn „wertorientiert“ betrachtet: Zweck des Wirtschaftens dürfe nicht weiterhin die Mehrung des Kapitals sein, sondern müsse vor allem dem menschlichen Wohl und der Zivilgesellschaft dienen. Anlass für Veränderungen sind nicht nur in der Klimakrise, sondern auch in der Finanzkrisen und Demokratiekrisen, interpretiert als Ausdruck massiver Fehlentwicklungen, zu finden..

Systemische Strategie zur großen Transformation

Eine umfassende, sehr tiefgreifender Veränderung auf allen gesellschaftlichen. politischen und wirtschaftlichen Ebenen wird als „große Transformation“ bezeichnet. Die dringende Notwendigkeit ist allen informierten Menschen plausibel, und doch erleben viele die angestrebten Veränderungen als gefährlich langsam. Die Komplexität globaler gesellschaftlicher Prozesse lässt sich nicht wirklich greifen. Mit Systemischer Theorie lassen sich allerdings Hypothesen über Beharrung und Veränderung formulieren, die ein Nachvollziehen der derzeitigen Dynamik teilweise ermöglicht.

Hieraus lassen sich sogar Systemische Strategien ableiten, wie ich sie für eine umfassende, gesellschaftliche Transformation zu Nachhaltiger Entwicklung zusammengetragen habe:

Strategie 1: Kenntnis und Kommunikationsfähigkeit
Strategie 2: Komplexität reduzieren
Strategie 3: Kontakt mit dem Ökosystem stärken
Strategie 4: Kollektive Identität stiften
Strategie 5: Konfrontation
Strategie 6: Konstruktion von Lösungsvisionen

​Spielidee

Wie wäre, wenn wir noch mal ganz von vorne anfangen könnten?

Die Menschheit hat sich in eine Situation manövriert, mit unterschiedlichen Metaphern beschreiben kann: Sackgasse, Abgrund, Weggabelung. Welche Metapher man persönlich hält, kennzeichnet übrigens die emotionale Verfasstheit zu diesem Thema. Wenn man erst einmal hier angelangt ist, nicht die Frage: Wäre es, wenn wir noch einmal von vorne beginnen könnten? Werde mit dem Wissen über die Auswirkungen unseres Handelns ganz bewusst gravierende Entscheidungen über unsere Lebensweisen ganz anders fällen könnten? Hieraus entstand die Idee eines Planspiels in einer fiktiven menschlichen Frühzeit. Es ist offensichtlich, dass wir nicht mehr dort ansetzen können, Themen und sozialen Prozesse, die wir für ein solches Gedankenexperiment benötigen, lassen sich allerdings ohne weiteres auf unsere heutige Situation übertragen – auf die Gesellschaft als Ganzes wie auch auf den kleineren Kontext, jede und jeder persönliche beruflich befindet.

Wir besteigen also unsere Planspiel-Zeitmaschine, eben als Zielkoordinaten „Garteneden „ein und steigen mit unserer leider etwas unsanften Landung ein folgende Rahmen Geschichte:

Der Garten Eden ist etwas in die Jahre gekommen. Auch hier haben Globalisierung und Wettbewerbsorientierung nicht halt gemacht. Es entwickelt sich lokaler Reichtum und verbreiteter Mangel, eine große Ungleichheit kennzeichnet die Gemeinschaft im Garten Eden. Menschen und Tiere stehen unter Druck, haben wenig Zeit für Müßiggang und paradiesische Wohlfahrt. Der Herrgott und Schöpfer hat sich daher entschlossen, den Rat der Weisen zu beauftragen, die Qualitäten des Gartens Eden auch für nachfolgende Generationen zu sichern. Sein Motto: „Wir haben nur dieses eine Paradies.“

Veränderungsimpulse entfalten Wirksamkeit, wenn praktikable Handlungsalternativen zum bisherigen Tun erkennbar sind, und die zu einem erwünschten Ergebnis führen. Handlungsmotivation lässt sich durch die Konstruktion eines positiven angenehmen Ziels steigern. Die Arbeit an einem Idealbild einer wünschenswerten Zukunft kann sehr inspirierend sein und – von der Zukunft her gedacht – hilfreiche Schritte aufzeigen.

„Der beste Weg, die Zukunft vorauszusagen, ist, sie zu gestalten.“
(Willy Brandt)

​Mögliche Einbettung in ein Seminar

in seiner Ursprungserfassung war unser Planspiel zum Garten Eden „zum Thema nachhaltige Entwicklungen unter dem Titel „Alles auf Anfang reichen Akademie der kulturellen Bildung in Remscheid konzipiert. Es lässt sich aber auch ebenso verwendet für eine halbtägige oder ganztägige. Ein Planspiel verfolgt immer auch den Zweck des Lerntransfer auf die eigene Lebenssituation und benötigt daher eine Einbettung, um die teilnehmenden Code abzuholen „und mit konkreten Handlungsimpulsen zu verabschieden. Könnte etwa folgendermaßen ablaufen:

1. Persönlicher Zugang zur Nachhaltigkeit
• Einstiegsrunde über persönliche Motive
• naive Konzepte zur Nachhaltigkeit abfragen
• Positionierung zwischen den Polen
starke Nachhaltigkeitsposition <——> schwache Nachhaltigkeitsposition

2. Einführung in Nachhaltigkeit
• kurzer Abriss zur Entwicklung des Themas
• Vorstellung der Nachhaltigkeitsprinzipien

3. Planspiel-Einführung
• Einführung in die Epoche Jungsteinzeit und Paradies
• Einführung in die Planspielwelt Garten Eden
• Übersetzung der Nachhaltigkeitsprinzipien auf die Situation Garten Eden

4. Planspiel-Durchführung
<Struktur & Beschreibung im Artikel Gruppe & Spiel>

5. Planspiel-Reflexion
innere Reflexion
bzgl. Strategie, Entscheidungsprozess, Handlungsplan, Auswirkungen
äußere Reflexion
bzgl. individueller und kollektiver Lernprozesse

6. Transfer
• Transfer auf eigene Organisation
• Verhalten als Promotoren/ „Change Agents“, Umgang mit Skepsis und Gegenwind

Auch unabhängig von konkreten Handlungsimpulsen wir uns wichtig, mit einem solchen Planspiel eine Änderung der persönlichen Einstellung anstoßen zu können: weg von einer Überzeugung, dass ein Einzelner nicht viel ausrichten können, in zu der Einstellung, dass jeder einzelne kleine oder große Veränderungen in einer wünschenswerte Richtung prägen kann, und die Auswirkungen überblicken und die Verantwortung übernehmen kann.

​Quellen

Adams, Douglas (1981): Per Anhalter durch die Galaxis. Rogner & Bernhard.

Göpel, M. (2020): Unsere Welt neu denken/ Eine Einladung. Berlin: Ullstein.

Harari, Yuval Noah (2013): Eine kurze Geschichte der Menschheit. München: Pantheon Verlag.

Hirschhausen, E. von (2021). Mensch, Erde! Wir könnten es so schön haben. München: dtv Verlagsgesellschaft.

IPCC (2022). Climate Change 2022: Impacts, Adaptation and Vulnerability. Genf: The Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC).

Laloux, F. (2015). Reinventing Organizations: Ein Leitfaden zur Gestaltung sinnstiftender Formen der Zusammenarbeit. München: Verlag Franz Vahlen.

Club of Rome (1973). Die Grenzen des Wachstums/ Bericht des Club of Rome zur Lage der Menschheit. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt.

Niko Paech (2012): Befreiung vom Überfluss. Auf dem Weg in die Postwachstumsökonomie. München: oekom.

Radtke, A. (2020). Visualisierung der Klimastreifen; nach Ed Hawkins, National Centre for Atmospheric Science, University of Reading. Alexander Radtke erreichbar unter https://twitter.com/alxrdk.

Rohl, David (1999): Legend. Arrow.

Pufé, I. (2014). Nachhaltigkeit. Konstanz: UVK Verlagsgesellschaft.

Schmidt, Klaus (2007): Sie bauten die ersten Tempel: Das rätselhafte Heiligtum der Steinzeitjäger. Die archäologische Entdeckung am Göbekli Tepe.
Verlag C.H. Beck.